p r o v i n z g e f l ü s t e r
infos – kultur – politik – meinungen
[CMR 21.04.2016]
(Weitere Materialien im Bildarchiv)
erscheint mit der Erstausgabe im Juni 1982 mit einer Auflage von 800 Exemplaren als Sprachrohr der alternativen Szene in Bühl.
Nr. 5 mit dem Titel „absteigen – einsteigen – aussteigen“ beinhaltet beispielhaft anhand der verschiedenen Beiträge, synonym die politsche Lage im Lande ebenso, wie das alternative Lebensgefühl, bzw. die Forderungen nach Veränderungen in der damaligen Gesellschaft und die Auswirkungen auf das Provinzstädtchen Bühl mit einer geradezu großstädtischen Szene des Aufbruchs.
Dabei kommt der Anzeige „der Friedl im Kranz“ eine besondere Bedeutung zu. Ist dies doch die Kneipe mit unkonventionellem Flair, in der sich die Leute treffen, um bei Essen und Trinken zu diskutieren, sich zu unterhalten oder unterhalten zu werden. Der Kranz in Müllhofen wird zum „Wohnzimmer“ der alternativen Frauen und Männer in Bühl und Umgebung. Dem damaligen Kneipenwirt „Friedl“ ist dies zu verdanken, denn er hat lange in der Großstadt München gelebt und hat nach der Heimkehr in die „Provinz“ den Traum der alternativen Kneipe, als Ort des leiblichen und kulturellen Genusses, der politischen Diskussionen und ganz einfach des Wohlfühlens ermöglicht.
Auf den Seiten 4/5 wird der Zusammenbruch des „Atomkanzlers Schmidt“ und der SPD im September 1982 erwähnt. Seit 1969 war die SPD an der Macht, hatte ca. 1972 den Höhepunkt erreicht, um dann durch eingefrorene Reformen, Notstandsgesetzgebung, Radikalenerlass, Nato Nachrüstungsbeschluss u.a. den Niedergang zu programmieren. Gefordert wird in diesem Artikel mit Hinblick auf die Neuwahlen, „ein breites alternatives Bündnis aus Grünen, Alternativen. Sozialisten „… die sich in Opposition zu dem herrschenden Rechtskurs befinden“.
Erwähnung findet zum ersten Mal am Beispiel Hamburg die GAL Grün-Alternative-Liste deren Stoßrichtung ökologische und linke Positionen in Form eines Wahlbündnisses gewährleistet, “… dass alle systemkritischen oppositionellen Strömungen vereint.“ (Anmerkung: Auch in Bühl wird sich die GAL fomieren, nämlich im Mai 1984)
Seiten 7/8 stehen unter dem Zeichen der Politik Israels „Frieden für Galiläa“ …
Auf Seite 9 ein Blick auf die Musikszene, neue Schallplatten werden vorgestellt.
Seite 10/11 kommt die neu gegründete Frauengruppe „Lila Distel“ zu Wort. Ein Bericht von der Einweihung der Frauenwohnung in der Sternenstr. 1 in Bühl, sowie ein Statement „Frauen für Frauen“. Ein Gedicht auf Seite 11 beschreibt die Zwickmühle so mancher „frau“ in dieser Zeit.
Auf den Seiten 12/13 gehen die AutorInnen hart mit der Kirche ins Gericht. Buchempfehlung, kein Geringerer als „Bertrand Russell“, der Normen und Werte der Kirche im kritischen Blickpunkt beschreibt.
S. 14 Filme Besprechung und Kritik – Beispiel „Wolfen“ von Woodstock Regisseur Michael Wadleigh. Ein Thriller, der sich ökonomisch politischem Thema widmet. Auf Seite 15 kommt eine weitere Institution in Bühl vor, der „Filmclub am Donnerstag“ in der Blauen Königin bietet einen alternativen Filmabend hier: Herbert Achternbusch „das letzte Loch“ und Francois Truffaut „Amour Fou“.
Seite 16 Gedanken und Geschriebenes. Eine dreiseitige Geschichte zum Thema Durchsuchungen, über das Ausgeliefertsein und die Ohnmacht, aber auch das Freiheitsgefühl des Aussteigers … Buchbesprechungen – Veranstaltungstipps und auf der Seite 32 zum Abschluss ein c o m i c „Friedhelm, der Junge aus der Provinz“ …
P r o v i n z g e f l ü s t e r, ein wahrhaft gelungenes alternatives Projekt seiner Zeit.
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