5 Winzer*innen

[UBM 21.09.2024]

Was soll man für Worte wählen, wenn man mit Freude etwas beschreiben möchte, das andere, die ein Leben lang – meist sogar über Generationen hinweg – damit verbunden waren, aufgeben mussten und die darüber sehr betrübt sind?

Von der Winzerei ist die Rede. Von den Reben. Von den Weinbergen.

Wir sind da rein gestolpert. Zwei Ehepaare, die eigentlich nur eine Bank mit guter Aussicht irgendwo oberhalb unsrer Heimatstadt Bühl suchten. Gewiss, es gibt dort schon mehrere und das Finden ist keine all zu große Kunst, aber wir wollten eine, die uns keiner mehr nehmen könnte und so waren wir bestrebt, den Grund und Boden unterhalb einer in Frage kommenden Bank auch gleich mit zu erwerben.

Bank und Grundstück! Ist das ein sicheres Zeichen schon in der zweiten Lebenshälfte angekommen zu sein oder dann doch nur ein Ausdruck von Lebensfreude, gepaart mit Genusssucht im Dunstkreis der Wohlstandsverwöhnten?

Im Zeitalter der Emanzipation ist es sicherer gleich in aller Bescheidenheit zuzugeben, dass die Idee unsere Frauen hatten. Doch sie wollten mehr! Wir sehen mal, wie sich das entwickelt.

Beim Ausschau halten, nach einem geeigneten Objekt, also einer Wiese mit Bank, wurde der Blick unserer Frauen für anderes, was da auch noch so auf den Wiesen und Feldern stattfand, geschärft. Man fragte sich bei der ein oder anderen Örtlichkeit, wie und ob man die Besitzer ausfindig machen könnte, um einen Handel anzustreben. Man kam oder ging einfach mit den ein oder anderen Menschen, die sich dort auch tummelten, ins Gespräch.

Oft waren das Winzer, was uns nicht wundern muss, da wir der Reben viele vor Ort haben.

Dabei ergab es sich dann, dass man Stück um Stück erfuhr, wie es eigentlich bei vielen Kleinwinzern schlecht um die Sache bestellt ist, da zum einen die Nachfrage nach Wein stetig zurück geht und zum anderen die Folgegeneration nicht mehr das Interesse am Haupt- oder wenigstens nur am Nebenerwerb durch die Winzerei hat.

Einer dieser Angesprochenen war dann so etwas wie ein Lichtblick im Dunkel der Badischen Weinkultur! Da gab es wohl doch jemanden, der im größeren Stile dort weitermachen möchte, wo die Alteingesessenen nicht mehr können oder wollen. Da gab es also jemanden, der nicht nur weiter machte, sondern auch gleich noch auf „Piwi“ und „Bio“ umrüsten möchte. „Bio“ muss nicht erklärt werden und „Piwi“ sind „pilzwiderstandsfähige“, neuere Weinsorten.

Die „Sitzbank“ war nun Nebensache geworden, man schloss sich dem agilen Rebenretter an, bat ihn mithelfen zu dürfen und dies wurde vom Retter auch gerne angenommen.

Aus zwei, mach drei.

Obwohl wir beiden männlichen Vertreter unserer Gattung dieser Kampagne erst mal recht skeptisch gegenüber standen, war mein Freund dann doch ab und an mit unseren Frauen in den Reben unterwegs und lernte fleißig mit, während ich die Sache kategorisch boykottierte, da man „ja sonst nichts zu tun hat“!

Der Worte viele.

Jetzt erwartet man vielleicht einen recht zynisch geschriebenen Abschnitt über einen Rebenretter, der den Mund zu voll nahm und daran scheiterte? Nein, lieber fair bleiben. Ja, das Rettungsprojekt – was übrigens ein geplantes Großprojekt war – scheiterte krachend an mangelnder Planungsfähigkeit (seis finanziell oder strukturell) des vermeintlichen Retters. Damit hat niemand gerechnet und es ist auch furchtbar traurig und schade, da viele darauf gesetzt hatten, dass dies ein gangbarer Weg wäre: die Altwinzer, die Reben an das Projekt verkauften, die Stadt, die mit unterstützte und natürlich hat der Initiator dies auch nicht gewollt! À propos, ich glaube, es war ein sog. „Leader-Unterfangen„. Vielleicht mal auf den Link klicken und schlau machen, was das ist.

Jetzt standen wir da, wie Großpapa mit dem Gebiss vorm Schnitzel.

Dass man das „Piwi-Bio-Projekt“ nicht einfach selbst weiterführen konnte, war schon deshalb klar, da es

    • a) flächenmäßig viel zu groß für uns war
    • b) wir keinerlei Erfahrung oder sonstige Berührungspunkte mit Landwirtschaft hatten (außer dem Gelernten des vergangenen Jahres)
    • c) wir jeweils einen Hauptberuf in Vollzeit haben, den wir auch gerne beibehalten möchten
    • d) weil, weil, weil

Aber wäre es nicht möglich eines dieser vielen, nun brachliegenden Rebengrundstücke zu erwerben, eine Bank neben die Reben zu stellen und einfach dort weiterzumachen, wo das im zurückliegenden Jahr Angelernte nun gut gebraucht wurde?

Hier liegt die Würze in der Kürze. Die rechtliche Verwebung von Grundstücken, die von A nach B verkauft werden, wo dann aber B verschwindet (ja, des Retters Abgang war nicht der Rühmlichste), wo B also weg war und evtl. irgendwo noch die Stadt C mit drin steckt, wo dann wir als D hinzukommen würden und und und! Nein, das wäre eine separate Geschichte.

Wir haben es aber geschafft! Also unsere Frauen! Und da nun auch eine Bank mit im Spiel war, ließ ich mich als „Nummer 4“ auch ab und zu in den Reben sehen. Da derartige Vorkommnisse recht bald in aller Munde sind, muss es nicht verwundern, dass die oder der ein oder andere Interesse am Projekt bekundet und so dauerte es nicht lange und wir waren fünf (5).

5 Winzer*innen!

Das verflixte „Dritte Jahr“.

Es war recht belustigend, aber letztendlich auch wohltuend, dass „rein zufällig“ hier und da mal ein Altwinzer oder aber einfach Einwohner, die rund um die von uns erworbenen Rebflächen wohnten, auftauchten.

Man kam recht schnell ins Gespräch und es waren immer recht wohlwollende Worte bez. unseres Projektes. Die Alteingesessenen konnten uns besser kennenlernen und wir von ihnen lernen. Win-Win!

Nur dass wir nicht Chemie spritzten, das konnten nicht alle gutheißen. Wir waren halt dilettantisch stur und setzten auf Pferdemist, Brennesselwasser und manche Zutat, die man eigentlich eher im Reich der Esoterik verorteten würde.

Die erste Ernte hatte dann auch nur einen Ertrag von guten 40 Prozent. Die restlichen Trauben fraß der Schimmel! Nicht die Pferde, die Pilze. Ein Jungwinzer aus der Gegend rettete dann die wenigen Trauben, in dem er sein kleinstes Fass für uns opferte und die Differenzmenge an Trauben von sich aus hinzugab. Wir hatten Glück, er baute die gleiche Rebsorte an.

Das Ganze wurde zum Rosé ausgebaut und im Frühjahr des Folgejahrs abgefüllt. Also in Flaschen!

 

Fortsetzung folgt …
To be continued …